Jeden Tag wird unser Frühstück ein wenig kleiner, nicht wegen fehlender Auswahl oder Qualität, eher aufgrund der vielen anderen Gerichte, die wir über den Tag verteilt konsumieren dürfen.
So kommen wir morgens in Akita an und die Stadt begrüßt uns nicht nur mit „Welcome to Akita“ aus unserer Kajüte lesbar sondern auch einer tollen Drumperformance – als erstes Kreuzfahrtschiff, das seit Beginn von Corona wieder in Akita angelegt hat, fühlt man sich sehr willkommen.
Akita ist wohl für die Geschichte des treusten Hundes der Geschichte bekannt und so werden wir an unserem Landgang auch von zwei „Akita dogs“ begrüßt, die ähnlich wie unser Kater zu Hause Fell verlieren und eine magische Anziehungskraft auf Juli ausüben.
Unser heutiger Guide ist Tomo und der Fahrer Ohashi, beide jenseits der siebzig und insbesondere Tomo sieht optisch eher wie Ende Fünfzig aus. Unser heutiger Weg führt uns in einem Bus zu Acht in eine Miso- und Sojasauce-Manufaktur. Die Yamamo Brewery geht innovative Wege, aber dazu komme ich gleich noch. Die Anreise von knapp 1 ½ Stunden vergeht im Flug mit einigen Informationen über Akita, welches insbesondere für seine schneebedeckten Berge, seinen Reis und sein klares Wasser bekannt ist. Angekommen in der Brauerei, die von der Größe, dem familiären Flair und der liebevollen Zubereitungsart den Titel Manufaktur verdient.
Wir erhalten nicht nur Einblicke, wie Miso und Sojasauce hergestellt werden, sondern kommen auch in den Genuss, einjähriges und zwanzigjähriges Miso verkosten zu dürfen, direkt aus dem Bottich. Die Zeitraum bis Sojasauce fermentiert ist, beträgt etwa zwei Jahre. Miso benötigt zwischen sechs Monaten und einem Jahr, dieses reift allerdings stetig weiter und die Hefe zersetzt die Bestandteile, was den Geschmack intensiver werden lässt. Für Miso aus der Region Akita ist Meersalz aus der Gegend nicht geeignet, da die darin enthaltenen Bakterien ein nicht gewünschtes Ergebnis bringen, deswegen wird Salz aus dem japanischen inneren Meer (etwa auf Höhe von Osaka) verwendet. Die Verkostung von beidem war beeindruckend, die Sojasauce war rund und geschmackvoll ohne zu salzig zu sein, das Miso war, wenig später auch in einer Suppe serviert, fast wie Ei, locker und voller umami. Doch bevor es zum Essen losgeht, erhalten wir noch einen Einblick in die Innovation, wo „Miso“-Germ für die Fermentation von Weißwein eingesetzt wird. Der Geruch und der Geschmack ist ein Erlebnis, noch nicht 100%ig ausgereift, aber ganz sicher eine tolle Entdeckung, die sowohl Geruch als auch Geschmack positiv beeinflusst. Ich wundere mich, was ein talentierter Weinbauer mit Grünem Veltliner oder Gelbem Muskateller damit zaubern könnte.
Soviel zum offiziellen Programm, wir genießen ein fünfgängiges Menü mit abwechslungsreichen und „mutigen“ Bestandteilen wie Grillen (Cricket), Wasabi Leaf, vielseitigem Tempura und auf den Punkt gegartem Lamm (eingelegt in einjähriges Miso), das zart von Knochen und Gabel gleitet. Die Nachspeise ist eine Creme Brulée mit dem zwanzigjährigen Miso verfeinert, welches dadurch weniger süß ist, aber in Kombination mit etwas Fruchtmus definitiv in Erinnerung bleiben wird.
Yasushi, der Eigentümer in siebter Generation (1867), und sein ältester Sohn Ai nehmen sich sehr engagiert unserer Gruppe an und wir bekommen eine erweiterte Führung, nicht nur durch die oberen Räumlichkeiten, sondern werden auch mit einer kleinen Teezeremonie geehrt, die wir sehr genießen. Im kleinen Dachboden-Raum wird uns Tee serviert, der geschmacklich sehr nahe an eine Suppe kommt und mit aromatisiertem Salz zum (umami)-Erlebnis wird. Der Abschied von der Brauerei wird uns ebenso in Erinnerung bleiben wie die Gastfreundschaft und die geschmacklichen Erlebnisse – und mit ein paar Fotos im Gepäck geht es weiter.
Unser finaler Halt ist Masuda. Eine alte Stadt mit allein 50 Uchigarus, den versteckten Warenlagern in Wohnhäusern, auf einer einzigen Straße. Die Stadt ist liebevoll, aber wirkt etwas ausgestorben. Tomo erklärt uns, dass viele Besitzerinnen der aktuellen Generation in die größeren Städte gezogen sind. Die Sake-Verkostung lassen Juli und ich aus und konzentrieren uns auf ein paar Eindrücke der versteckten Lagerhäuser. Damit haben wohlhabende Bürger und Händler ihren Reichtum kaschiert, teilweise in sehr aufwendig gearbeiteten Lagerhäusern unter dem Dach ihres Wohnhauses. Viele der Eindrücke, unter anderem von Sato-san, können wir nicht auf Fotos dokumentieren, sie zeigen uns Aufzeichnungen und Relikte der letzten Generationen; von Spielzeug über eine Vielzahl von Bildern aus dem letzten Jahrhundert und liebevollen teils japanisch (übersetzten) und direkt englischen Erzählungen der Eigentümer.
So machen wir uns am siebten Tag unseres Urlaubs zurück nach Akita auf, wo das Schiff auf uns wartet. Den Abend verbringen wir mit Wäsche waschen, den Sonnenuntergang im Außenpool genießen, Essen am Außendeck (Decken und Heizlampen sei dank) und Tanzen bei Live Musik.