Der Shintoismus beschreibt viele Kami (Gottheit/Held/Geist/Seele/Spirtuelles Wesen), welche die Flüsse, Wälder, Meere, Berge und vieles anderes bewohnen. Selbst die Toiletten werden von Kami bewohnt – vielleicht auch ein Grund, warum in Japan die WC-Anlagen stets sauber gehalten werden. Bevor die Ältesten gehen, erzählen sie den Kindern, dass sie in dieser Welt nicht mehr viel Nutzen haben, aber wenn sie gestorben sind und als Kami zurückkehren, ihrer Familie dienen und auf sie aufpassen werden.
Der Ausflug zum Izumo Taisha führt uns zu Japans größten Schrein. Er liegt in einem mehr als 2.000 Jahre alten Herrschaftsgebiet. Die Shinto-Priester und Gläubigen feiern jedes Jahr zwischen Oktober und November die Zusammenkunft aller Kami aus Japan, die eine Woche lang über die Ernte, das Wetter und die Ehen zwischen den Menschen des kommenden Jahres diskutieren. Der Schrein selbst ist eine der größten Anlagen, die wir bisher gesehen haben, mit über 20 Schreinhäusern, schönen Statuen und einer riesigen Parkanlage. Am Hochzeitsschrein haben wir das Glück tatsächlich gerade ein junges Hochzeitspaar in traditioneller Kleidung anzutreffen – ein beeindruckender Anblick! Sie haben sich offenbar dafür entscheiden, an ihrem Hochzeitstag mit der schönsten Sakurablüte ein Foto zu machen, und so wandert Juli in ihr Hochzeitsalbum.
Der weitere Weg führt uns entlang einer riesigen, gepflegten Tempelanlage umgeben von Kirschblütenbäumen und hübsch in Szene gesetzten Wasserwegen mit Brücken. Unter drei Tori (rote japan. Torbögen) führt der Hauptweg entlang einer Allee zum ersten Tempel, an welchem freundlich gebeten werden darf. (es wäre doch unhöflich direkt an die Götter heranzutreten, dies macht man nur, nachdem man sich angemeldet hat.) Mit zwei Verbeugungen und viermal klatschen, einen kurzen Gebet und einer weiteren Verbeugung wird der Ritus vollzogen. Es hängen tausende Opfergaben an den Seiten (Täfelchen mit Wünschen) und hunderte Papierfitzel von nicht gewollten Orakelsprüchen, denen sich die Kami annehmen sollen.
Um die Linie der heutigen Kaiserin und des Kaisers von Japan von der Sonnengöttin Amaterasu zu starten, mussten die Kami erst einen Konsens finden, dass dies wichtig wäre. Dazu gab der Kami Okoninoshi nach und erklärte sich und seine Anhänger dazu bereit. Er selbst war schon früher dafür bekannt, sehr nachsichtig und umsichtig zu sein. Okoninoshi wurde in jungen Jahren von seinen Brüdern „gebullied“. Eine der bekanntesten Geschichten mit ihm dreht sich allerdings um einen Hasen. Der Hase prahlte vor den Haien des Meeres, er habe ein viel größeres Heer an Hasen als die Haie. Diese ließen das nicht auf sich sitzen und ließen sich vom Hasen durchzählen, indem er über ihre Rücken hüpfte. Der Hase war fast fertig als er voller Übermut eine spöttische Bemerkung über die Haie machte und diese ihm als Strafe den Pelz abzogen.Wehklagend über seine Wunden lag er am Strand. Als die hinterlistigen Brüder von Okoninoshi vorbei kamen, empfahlen sie ihm, seine Wunden im Meer zu reinigen, was dem Hasen nur noch mehr Schmerzen bereitete. Erst der junge Held Okoninoshi reinigte die Wunden mit frischem Wasser und wurde ein guter Freund des Hasens.
Die Gebäude der Hauptschreine sind bedacht zueinander ausgerichtet, denn die Kami haben tatsächlich eine Blickrichtung: so steht der Schrein von Okoninoshi zum Beispiel seitlich zu dem seines Schweigervaters Susanno (der Drachentöter), denn er darf seinem Schwiegervater natürlich nicht den Rücken zudrehen. Die umliegende Grünlandschaft ist nicht mit Worten zu beschreiben, so wohl fühlt man sich hier und so schön ist es angelegt. In den Bergen ringsherum sieht man im Grünen immer wieder kleine Wattebäusche, die sich als Sakura-Baum entpuppen – Wunderschön! Unser Besuch endet im Shimane Museum für alten Geschichte. Neben unzähligen Fundstücken von Ausgrabungen rund um die Tempelanlagen sind insbesondere die gut erhaltenen, meterlangen Schriftrollen von Izumo spannend, die einen detaillierten Blick in die damalige Zeit geben. Der Kaiser hatte erstmals über alle Präfekturen Japans hinweg eine Inventur der wichtigsten Güter, Schreine, Tiere und Pflanzen, Handelswaren usw. veranlasst. Diese historische Dokumentation dauerte viele Jahre. Zum Mittag gab es ein tolles Izakaya (kleine Häppchen) Mittagessen am Ufer des Sees „Shinji“, der ein von Meerwasser gespeister Binnensee ist und auch Süßwasser enthält. Es gab Sashimi, diverse Suppen, gegrilltes Hühnerfleisch und Gemüse Teriyaki und ein paar Stücken Tempura – allesamt ausgesprochen wohlschmeckend.
Der Ausflug wird uns dank unserer Guide „Sahima“ besonders gut in Erinnerung bleiben, die sehr gut Englisch sprach, viele Fragen beantwortete und die gewaltigen Szenerien für uns in Geschichten eingebettet hat. Den darauf folgenden Nachmittag und Abend verbringen wir am Schiff, Juli genießt das marokkanische Buffet im Window Café – vor allem das Dessert „Om Ali“, was sie daheim unbedingt nachkochen möchte.
An diesem Abend verlassen wir Japan und stechen in See Richtung Südkorea voller Vorfreude auf einen unverplanten Tag in Busan.