Tag drei, es ist knapp 07:20 als der Wecker klingelt. Mit morgendlicher Gelassenheit, des Urlaubs durchaus würdig, drücke ich ihn im Halbschlaf weg. Wenige Sekunden später 08:15, huch – wir haben doch von 08:00 bis 09:00 unser Frühstückszeitfenster. “Juliiii, wir müssen los – ich glaub, ich hab verschlafen.”
Auch das zweite Frühstück lässt wenig zu wünschen übrig. Der Reis, mit dem klingenden Namen Mizuhonokagayaki übersetzt, verzaubert mich nachhaltig auch am zweiten Tag. Dabei bin ich gar kein großer Reisesser. Das gar grausam-regnerische Wetter draußen veranlasst uns nicht wirklich zu großer Hektik. Aber wir entscheiden uns nach einem Aufwärmen im Onsen dafür, den Weg in Richtung Skytree zu wählen und uns das angeblich kleine, aber feine Aquarium anzusehen, bevor wir am Nachmittag Christoph treffen. Gesagt, getan, sitzen wir wieder in der U-Bahn, diesmal auf dem Weg nach Oshiage. Der Skytree ist beeindruckend und nicht minder begeisternd ist das Einkaufszentrum um ihn herum. Gut, ein wenig Reue zeige ich mittlerweile dafür, dass wir nicht eine Stunde früher gestartet sind, ist doch der Ausflug ins liebevolle Aquarium kürzer als erhofft. Auch das Schaufensterbummeln durch Pokémon Shop und Kirby Café sind sehr sehenswert und es offenbart sich ein phänomenal abwechslungsreicher “Rest” der Mall, den wir nur mehr am Rückweg wahrnehmen und bestaunen, was es nicht alles, insbesondere Essbares, zu kaufen und bewundern gibt.
Zurück in Shibuya ist unser nächster Stopp der Mystery Circus. Gebucht ist der “Escape Room” ESCAPE from the Stone Cave! der sich an einer Anime Vorlage orientiert. Von der englischen Übersetzung sind wir nur mäßig begeistert, die Rätselvorlagen kommen als eingeschweißte A4 Bögen und die Interaktion leidet wahrscheinlich ein wenig daran, dass wir kaum (Christoph sei dank – sonst würde hier kein stehen) Japanisch sprechen. Spannend daran ist, dass wir mit bis zu 11 anderen Gruppen gleichzeitig rätseln. Nicht so toll, dass wir nach 38 (von 40) Minuten zwar eine für uns solide Lösung abgeben, diese aber nur als wrong bewertet bekommen und so ein “Escape unsuccessful” Schild zum Dank für unsere Mühen ernten. Trotzdem war’s eine coole Erfahrung, mit einem Teil der Weekend Busters einen japanischen Rätselraum unsicher zu machen.
Nach einem kulinarischen Zwischenstopp mit Takoyaki (Oktopusbällchen) geht es quer durch die Stadt zu einem geplanten Highlight, welches sich auch als solches erweist – Teamlabs Planet Tokio. Diese Kunstinstallation lässt sich für uns am Besten als erlebenswert zusammenfassen. In der Wasser- und Gartenwelt waten wir mit bloßen Füßen durch teilweise knietiefes Wasser oder erfühlen verschiedenste trockene Untergründe, alles untermalt mit einem ausgefeilten Licht- und Soundkonzept – bislang ein absolutes Highlight von Tokio. Es ist eine Enttäuschung, wenn das Teamlabs zu Ende ist – man möchte einfach noch mehr erleben.
Zu guter Letzt machen wir noch einen Abstecher nach Asakusa (gesprochen: Asak’sa), um den großen Schrein im Schatten des Skytrees bewundern zu dürfen. Die Vielzahl kleiner Marktstände, die uns an den Wiener Naschmarkt erinnerten und zu dieser späten Stunde leider geschlossen hatten, lädt zur Wiederkehr ein. Christoph zeigt uns noch eine schöne Tradition, das “Glück schütteln”. In silbernen Behältern befinden sich viele kleine Orakelstäbe, wovon einer beim Umdrehen aus einem kleinen Loch fällt. Juli und ich schaffen es tatsächlich aus zwei Boxen exakt die gleiche Zahl (56 in Kanji) zu ziehen: the final small fortune. Christoph übergibt sein gezogenes Unglück dem Schrein und wir entscheiden uns die Strapazen des Tages mit etwas Essbaren zu mildern. Der kleine Laden hat zwar nur mehr knapp eine halbe Stunde bis zur “last order”, aber wir genießen Thunfisch, Aal, Gurkensalat und Edamame bevor wir uns müde aber voller Vorfreude auf den Start unserer Schiffsreise morgen, auf den Heimweg nach Shinjuku machen.