
Wir hatten eine richtig angenehme, erholsame Nacht in Field, stärken uns zum Frühstück mit Bananenbrot & Chai bzw. Granola & Chai und starten zu unserem ersten Highlight des Tages: die Takkakaw Falls. Warum? Weil sie mit knapp 373m die höchsten Wasserfälle in den Canadian Rockies sind und im Hauptwasserfall über 254m runterfallen. Umgeben von Gischt/Nebel und man kommt super nah ran… Also was sollte uns davon abhalten?!


Takkakaw Falls
Nach der wunderschönen, halbstündigen Anreise durch den Yoho Nationalpark, wo wir zwei Gebirgsströme mit unterschiedlicher Farben ineinander laufen sehen, kommen wir am Parkplatz an. Wir bewundern erst das schwarze Steinmehl im Gletscherflussbett, das sich wie feinster Sand anfühlt und machen dann unser mittlerweile zweites „Rote Sessel“ Foto. Diese Stühle wurden von Canada Parcs an besonders szenischen Orten im gesamten Nationalpark aufgestellt und laden zu einem Selfie ein.

Der Wasserfall ist gut besucht, aber nicht überlaufen. Wir kommen hier auch das erste Mal mit einer “Bären-Gebiet”-Warnung in Berührung, machen uns aber keine Sorgen, da wir nicht wirklich vorhaben, die Hauptwege zu verlassen. Der kurz Fußweg ist sehr grün, mit extrem abwechslungsreicher Flora und auf den letzten Metern vorm Wasserfall, sieht man auch die Beeinträchtigung der Vegetation durch die permanente Wind-Gischt-Mischung: die Nadelbäume sind einseitig kahl. Der Wasserfall selbst taucht uns in permanente Feuchtigkeit oder um Juli zu zitieren „ein Jungbrunnen für die Haut“. Die donnernden Wassermassen sind ein beeindruckendes Naturschauspiel.





Die Hängebrücke über dem “Golden Canyon”
In der nächstgrößeren Stadt Golden hat uns Juli Tickets für den Erlebnispark rund um die Golden Skybridge besorgt. Die Anlage ist als Rundweg angelegt und bietet viele Attraktionen wie eine Sommerrodelbahn oder Axtwerfen bis hin zu diversen Fotostationen und Foodtrucks.
Sehr positiv fällt uns auf, dass die Kanadier ein großes Bewusstsein für die Geschichte der „First Nations“ aka Ureinwohner Kanadas demonstrieren. Hier im Park lernen wir etwas über die „Ktunaxa und Secwépemc“ Stämme und ihre Version der Entstehungsgeschichte der Menschheit auf der Erde. Alles dreht sich um die Verfolgung und Tötung von Yawu?nik? (Zeichen sind korrekt, aber in der Schrift der Kuutney geschrieben), einem Seeungeheuer, dessen Körperteile dann die verschiedenen menschlichen Ethnien erschaffen.
Nach einem langwierigen Übergang über die Golden Skybridge, die höchstgelegene Hängebrücke Kanadas, bei denen einige, sehr laute Touristen immer wieder für Fotos stehen geblieben waren, ging es per Freiflug mit der Zipline mit 65km/h über den Canyon zurück zum Startpunkt.






Nach 1,5h haben wir alles gesehen und erlebt, was wir wollten, also füllen wir unseren Proviant in Golden nochmal auf (Cranberry Saft & Wasser, Obst und ein wenig Knabberzeugs), weil die nächste gut ausgestattete Stadt erst in 150km kommt. Gut gerüstet treten wir unseren heutigen 300km langen Roadtrip nach Shuswap auf dem Trans-Canada Highway an.
Von dichten Wäldern und hohen Bergen zu kahlen Hügeln und offenen Seen
Apropos Trans-Canada Highway: Wir fahren auf dieser wunderbar ausgebauten „Autobahn“ ungehindert durch die zahlreichen Nationalparks der Rocky Mountains. Bei angenehmen 90 bis höchstens 110km/h echt luxuriös, finden wir. Der Highway ist insgesamt 8000km lang und verbindet den Pazifik mit dem Atlantik. Er führt durch 10 Provinzen Kanadas und ist eine der 3 längsten planierten Straßen weltweit. 1963 wurde das letzte Teilstück zwischen Golden und Revelstoke (genau da fahren wir gerade lang) fertig gestellt und seither ist der Highway durchgehend befahrbar.
Zu Beginn unserer Route direkt nach Golden wird das Tal immer breiter und wir fahren durch die Canadian Wetlands – ein naturbelassenes, riesiges Flachland, das Heimat für viele bedrohte Tierarten ist. Als sich die Berge wieder nähern und auf über 3.500 m ansteigen, sind wir im Glacier Nationalpark angekommen. Wir erfahren, dass die Region berühmt für Skifahren, aber mehr noch für Heli-Skiing und Snowmobiling ist. Aber Achtung: Schneelawinen sind an der Tagesordnung. Jeden Winter ist der Highway im Schnitt 100h durch Schneelawinen gesperrt, die oftmals 3-4 Tage zum Wegräumen brauchen.


Gegen 15:30 Uhr passieren wir die Grenze von der Provinz Alberta nach British Columbia. Jetzt können wir die Uhren auf 14:30 Uhr zurückstellen und haben wieder eine Stunde Zeit gewonnen 🙂 (insgesamt mittlerweile 9h Zeitverschiebung bis Österreich).
Beim Eintritt in den Revelstoke Nationalpark bemerken wir in den dichten Pinien- und Zedernwäldern am Straßenrand einige rötlich-braune oder graue Bäume, die abgestorben wirken. Wir vermuten, dass es mit dem Green Pine Beetle zu tun hat – ein relative neuer Schädling, der durch seine Eiablage unter die Baumrinde einen Pilz einbringt, der den Baum über kurz oder lang absterben lässt. Die Schäden sind massiv und man hofft auf Waldbrände (naja…) oder einen strengen Winter (-40 Grad), der die Population natürlich regulieren würde.
Der Großteil der Strecke verläuft an Mini-Örtchen vorbei ohne große Attraktionen oder Highlights. Es gibt ein paar nennenswerte Seen wie der Three valley lake oder der Lake of the Shuswag, letzterer ist als Urlaubsort berühmt für Houseboating. Gestartet sind wir am Morgen bei ca. 14°C, zu Mittag waren es um die 20°C und nun in der Region um Salmon Arms hat es sommerliche 27°C – klar, soll ja auch der wärmste Ort Kanadas sein. Die Landschaft hat sich im Laufe unserer 3h Fahrt stark verändert: von dicht bewachsenen, grünen Nadelwäldern und riesigen Bergmassiven hin zu einer flachen Hügellandschaft mit Steppen-handlichem Bewuchs und großen Seen. Wirklich erstaunlich, wie vielfältig, weitläufig und wunderschön dieses Land ist.

B&B mit viel Liebe zum Detail
Pünktlich 18 Uhr fahren wir in die Einfahrt unserer heutigen Unterkunft ein. Das Sunny Shuswap Bed&Breakfast in Chase wird von Russel und Katrina liebevoll geführt und ist die luxuriöseste Unterkunft unseres gesamten Trips. Wie immer bleiben wir leider nur eine Nacht, also machen wir das Beste aus unserem kurzen Aufenthalt und essen gemütlich auf unserem privaten Balkon zu Abend: Cracker mit Guacamole und Pico de Gallo Salsa (= heutiges Budget-Abendessen). Wir besprechen noch die Route und das Quartier für morgen, bevor wir erschöpft einschlafen.